Donnerstag, 12. Juli 2007

Burger: Ich habe meinen Studenten, die eine Arbeit schreiben wollten, oft gesagt: Was ist Ihr Problem? Schreiben Sie nie über ein Thema, sondern über ein Problem. Wenn Sie keines haben, dann lassen Sie es bleiben. Die Geschwätzigkeit der Geisteswissenschaften rührt vor allem daher, dass in ihnen über Themen geschrieben wird, nicht über Probleme. Die klassischen Texte haben auf existenzielle Probleme ihrer Zeit reagiert. Sie haben Lösungen für distinkte Probleme angeboten. Philosophie hat eine ungeheuer lange Tradition, heute gibt es aber nicht mehr die Philosophie, sondern bestenfalls kanonische Themenbereiche, akademisch gepflegte Traditionsbestände, Füllmaterial für „Sinnschläuche“, wie ich sie nenne. Ernsthafte Philosophie heute findet jenseits der akademischen Schonräume statt, im Handgemenge mit realpolitischen Kräften im weitesten Sinn. Und sie definiert sich nicht durch die Themenwahl, sondern durch eine spezifische Intensität des Denkens. Jedes Problem wird zu einem philosophischen, wenn Sie lange genug und rücksichtslos genug darüber nachdenken. Burger folgend, schlage ich folgendes Thema als "Philosophicum" vor: Temelin "tschernobyl"-isiert. Unter dieser Annahme sollte Moses II neu geschrieben werden, um sich in die Rolle Betroffener einzufühlen.

1. Als erstes würde ich mir in den Fluchtorten ein "Austrians Welcome Service"(folgendes Modell kopierend:) [7] erwarten

2. Als zweites eine "Austrians' Microcreditanstalt", Yunus'[8] imitierend- zur Verfügbarmachung eines Startkapitals, das -Yunus folgend- verpflichtenderweise zurückgezahlt werden muss. NB: Auch Plato's "Der Staat" entstand aus einer Reflexion möglicher Realitäten.

3. Aus Timaios : Vollkommen richtig, sprach ich, hast du es aufgefaßt! Und nun nimm mir auch die diesen vier Teilen zugehörigen Zustände der Seele dazu, die Vernunfteinsicht dem obersten, die Verstandesgewißheit dem zweiten, dem dritten aber weise den Glauben an und dem vierten die Wahrscheinlichkeit; und ordne sie dir nach dem Verhältnis, daß, soviel das, worauf sie sich beziehen, an der Wahrheit teilhat, soviel auch jedem von ihnen Deutlichkeit zukomme. –